Wie ich die Covid19-Krise erlebte: Es ist ok, nicht mutig zu sein!

Während der Krise hat mich das WKO-Magazin die Unternehmerin gebeten, einen kleinen Beitrag darüber zu schreiben, wie ich als Selbstständige durch diese schwierigen Zeiten komme und anderen Unternehmerinnen Mut zu machen. Mut machen konnte ich nicht, weil ich selbst total verzweifelt war. Das Magazin hat natürlich aus meinem Schreiben nur einen sehr kurzen Auszug genommen, deshalb möchte ich hier den ganzen Text veröffentlichen:

Es ist okay, nicht mutig zu sein!

Die Corona-Krise kam für mich zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Ich bin erst seit etwas mehr als einem Jahr als psychologische Beraterin selbstständig. Es war vorher schon verdammt schwierig, mein Angebot bekannt zu machen und KlientInnen zu gewinnen, aber im neuen Jahr hat es gerade angefangen, etwas an Fahrt aufzunehmen. Ich konnte kleine Erfolge verbuchen: zB. dass ich meine SVS-Beiträge von meinen Einnahmen bezahlen konnte, meine Müttergruppe bekam etwas Zulauf und ich wollte eine Fortbildung zur Erziehungsberaterin beginnen.

Der Ausbruch von Covid19 hat all das gestoppt, obwohl eh noch nicht viel da war. Die KlientInnen bleiben weiterhin aus, daher fühle ich mich so gar nicht erfolgreich. Es fällt mir unheimlich schwer, mir immer wieder von neuem Mut zu machen, weil ich ihn zwischendurch schon so oft verloren habe. Ich bin keine Powerfrau, ich habe sehr viel Angst und breche immer wieder zusammen. Ich glaube, es gibt sehr viele UnternehmerInnen wie mich, denen es nicht gut geht – vorher nicht und jetzt schon gar nicht. Deshab ist es so immens wichtig allen zu sagen: es ist ok! Es ist ok, nicht erfolgreich und mutig zu sein. Es ist ok, nicht weiter zu wissen. Es ist ok, demotiviert und traurig zu sein. Es ist ok, es nicht allein zu schaffen. Noch dazu und gerade in Zeiten wie diesen!

Zuerst dachte ich, dass diese Krise eine Chance für mich ist um endlich voll durchzustarten. Wann, wenn nicht jetzt brauchen die Menschen psychologische Unterstützung! Ich habe mich ins Kriseninterventionsteam der Lebensberater auf der neuen Plattform www.sos-corona.at eintragen lassen und ich biete dienstags Vormittag und donnerstags Nachmittag offene (ohne Voranmeldung) Beratungen per Skype an. Auf Facebook machte ich Werbung dafür und ich schrieb an alle meine Bekannten Mails, dass ich da und online bin. Ich bekam zwar ermutigende Antworten, leider ohne Resonanz. Das ist eigentlich, was mich am meisten beschäftigt. Ich spüre ringsherum so viel Angst bei den Menschen, die Unsicherheit und Ungewissheit, wann und wie es weitergehen wird. Doch scheinbar will sich (noch) niemand damit beschäftigen. Alle halten nur durch und warten, dass es von alleine wieder wie früher wird. Es wird aber nicht wieder wie früher sein!

Ich weiß, dass es für die Menschen schwierig wird und sie werden jemanden brauchen, der hilft, ihr Leben unter den geänderten Umständen wieder zu leben. Ich kann und möchte sie durch die Krise und danach begleiten. Deshalb bin ich psychologische Beraterin geworden – übrigens eine verdammt gute. Das ist ein Grund, der mich– so gut es geht – weitermachen lässt.

Aber am wichtigsten zur Zeit ist mein Mann, er unterstützt mich in allen Belangen. Ohne ihn hätte ich wohl schon längst das Handtuch geworfen. Er ist sowohl emotional als auch finanziell für mich da! Auch meine Tochter hilft mir, denn sie zeigt mir, dass ich Geduld brauche, und dass ich – auch ohne KlientInnen – gut bin und gebraucht werde. Wir kuscheln ganz viel, wenn wir nicht weiter wissen – sie in ihren schulischen Dingen und ich mit meinem noch nicht laufenden Geschäft. Denn eines ist ganz sicher: eine liebevolle Umarmung hilft schon mal.

Um Hilfe zu bitten, ist ein sehr, sehr schwieriger Schritt – gerade wenn es aussichtlos scheint und ich am Boden bin. Ich geniere mich zu zeigen, dass ich Unterstützung benötige. Doch es gibt immer irgendwo jemanden, der das richtige Mittel haben könnte: eine Freundin, bei der ich mich auskotzen kann oder meine Familie, die trotz meiner Ängste und Sorgen bei mir ist und bleibt; wichtig ist auch meine Therapeutin, die mich emotional unterstützt bzw. coacht oder einer der vielen Instutionen wie WKO/AMS/Banken/Steuerberater etc., die beraten, wie es finanziell weitergehen kann. Ein für alle anwendbares Rezept zum Wiederaufstehen gibt es leider nicht. Jeder Mensch und jedes Business ist anders und das ist eigentlich wunderschön! Ich baue immer meine Beratungen auf der Individualität meiner Klientinnen und Klienten auf und so kann ich ihnen auch am besten helfen, eigene Lösungen für ihre Probleme zu finden. Meiner Erfahrung nach ist das auch am effektivsten und nachhaltigsten. Außerdem lerne ich so in jeder Sitzung etwas Neues: über mein Gegenüber, über mich und über Gefühle. Das ginge nicht, wenn ich nach Rezept berate.

Aber: etwas, das wirklich jede und jeder in sich hat, ist Hoffnung! Selbst wenn sie tief unter Ängsten und Trauer vergraben ist: Hoffnung ist essentiell in uns allen und wir können sie anzapfen. Wir können uns erinnern, was uns dazu gebracht hat, unsere Unternehmen zu gründen und sie bis zu dem Punkt zu bringen, bevor die Corona-Krise angefangen hat: im Grunde ist das Hoffnung und die brauchen wir auch jetzt wieder!

Ich bin DI (FH) Lisi Mayer-Liebel: Ehefrau, Mutter, Tochter, Freundin, Schwester, psychologische Beraterin und bald auch Erziehungsberaterin. Ich habe Medienwirtschaft an der FH St. Pölten studiert und danach in einem Reisebüro, dann in einer Werbeagentur und später im Begabungsförderungszentrum des (damaligen) SSR Wien gearbeitet. 2010 habe ich mit der LSB-Ausbildung begonnen und 2011 pausiert um Mama zu werden. Nach der Karenz hab ich mit der Ausbildung weitergemacht und nebenher wieder in der Werbung gearbeitet. 2019 habe ich mich als psychologiche Beraterin selbstständig gemacht, mein Schwerpunkt ist die Unterstützung von Müttern und Vätern. Ich werde heuer 40 Jahre alt und werde – so bald ich es darf – ein riesen Fest feiern, nicht (nur) anlässlich meines Geburtstags, sondern anlässlich unser aller Wiedergeburtstags!

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